Die Seychellen - ein Paradies oder nur heiße Luft?
- Susanna Rasch Autorin

- 21. März
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen
Vermutlich kennst du den Film „Verschollen“ mit Tom Hanks, in dem er auf einer einsamen Insel landet und versucht, mit einem Volleyball zu sprechen. An eine der Inseln, auf denen dieser Film gedreht wurde, sind wir auch geschippert. Was für ein Abenteuer. Einen Volleyball haben wir nicht gefunden, dafür vielleicht ein Paradies entdeckt?

Paradies – was für ein großes Wort. Aber mal ehrlich, was bedeutet es eigentlich?
Für die einen sind es weiße Sandstrände, eine Hängematte unter Palmen und das sanfte Rauschen der Wellen.
Für andere ist es ein gemütlicher Netflix-Abend im Schlafanzug, mit einer Tüte Chips auf dem Schoß.
Vielleicht ist es auch das Gefühl von absoluter Freiheit. Kein Müssen, kein Sollen, einfach nur Sein. Ein Ort oder ein Moment, an dem man sich so leicht fühlt, losgelöst von Erwartungen und Zwängen. Ein Augenblick, in dem alles genau so ist, wie es sein soll.
Oder es ist einfach diese seltene Stille in einer Welt, die nie stillsteht.
Paradies hat viele Gesichter und kann also für jeden etwas anderes bedeuten.
Allerdings gibt es auch Momente, in denen du irgendwo stehst und denkst: „Wow, so habe ich mir das Paradies immer vorgestellt.“
Für mich war das so ein Moment, als wir auf den Seychellen gelandet sind. Schon beim Aussteigen roch es nach Urlaub. Die Hitze, die salzige Luft, die heiß gelaufenen Triebwerke des Fliegers und der Geruch von Benzin, gehören für mich irgendwie dazu. Eine seltsame Mischung, doch irgendwie die perfekte Urlaubsmischung.
Und um uns herum das Paradies.
Aber wie das Leben eben so ist, sind die Dinge nie ganz so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen :-)
Ein Paradies mit ein paar Überraschungen
Die Seychellen sind ja nicht gerade riesig, aber direkt, ohne Begrenzung neben dem Meer zu landen, war genauso surreal wie bei tropischer Hitze in dicken Winterklamotten anzukommen. An liebsten hätten wir uns die Pullover und Jacken vom Leib gerissen und wären auf der Stelle in das nasse Blau gesprungen.
Direkt auf der anderen Seite des Flughafens türmten sich Berge auf. Majestätisch, imposant, bedrohlich, aber gleichzeitig beruhigend. Eine ebenso seltsame und unbeschreibliche Mischung der Natur, ebenfalls paradiesisch.
Ich sog alle Eindrücke tief ein und das war der Moment, in dem mir klar wurde: Okay, ich habe Urlaub und jetzt bin ich wirklich im Paradies. Vorsichtshalber zwickte ich meinen Mann in den Arm und er sah mich böse an. Es war also alles real :-)

Das Abenteuer kann beginnen
Wer auf den Seychellen durch die Straßen fährt oder flaniert, sollte unbedingt eine gehörige Portion Abenteuerlust mitbringen.
Mal abgesehen von dem Linksverkehr sind alle Wege in etwa gleich. Steil, ruckelig und eng. Ein durchaus weitverbreitetes Phänomen.
Hier noch ein paar abenteuerliche Extras. Es gibt keinen Bürgersteig! Man schlendert also auf dem Fahrstreifen in der Dunkelheit fröhlich zum Restaurant entlang, und direkt daneben verläuft ein 50 cm tiefer Regenschacht, oder, und das ist die noch dramatischere Option, direkt der Abgrund in den Urwald. Ja, richtig gehört: Ein Schritt zu weit nach links, und man kann in einer hundert Meter tiefen grünen Wildnis verschwinden. Nicht immer etwas für schwache Nerven.
Bei einer Taxifahrt konnte ich nur hoffen, dass der Fahrer auch wieder heil zu seiner Familie nach Hause kommen möchte.
Ein Mini-Kickstart in den Morgen
Als verwöhnte Europäer sind wir im Urlaub meist ein üppiges Frühstücksbuffet gewohnt. Angefangen bei kunstvoll drapierten Eierspeisen über frisch gepresste Obst- und Gemüsesäfte, Müsli in allen erdenklichen Variationen bis hin zu einer Brotauswahl, die einer Bäckerei Konkurrenz machen könnte. Nicht zu vergessen, die Wurst- und Käseplatten, fast aus der heimischen Metzgerei importiert. Herrlich! Genau mein Ding, wenn es um das perfekte Urlaubsfrühstück geht.
Nun ja, in diversen Hotels mit Sternchen mag es solch üppige Tafeln auch auf den Seychellen geben, doch in den meisten Unterkünften sieht die Realität etwas anders aus. Wer ein Frühstück bucht, bekommt dampfenden Tee oder Kaffee, dazu Toast mit Butter und Marmelade und als Highlight ein Tellerchen Obst.
Doch trotz des minimalistischen Angebots bleibt es ein authentischer Start in den Tag, der sich perfekt in das entspannte Inselgefühl einfügt. Man merkt schnell, dass hier nicht der Luxus zählt, sondern das Genießen des Moments.
Gestell mit 2 Rädern
La Digue ist offiziell autofrei – theoretisch. Praktisch bin ich noch nie so vielen Fahrzeugen wie auf dieser Insel ausgewichen. Auch wenn es meist Baufahrzeuge waren, denn dort wird wie verrückt gebaut. Leider sehr schade, denn ich glaube kaum, dass damit dieser einzigartige, verträumte und naturbelassene Inselcharakter aufrechterhalten werden kann. Aber das ist ein anderes Thema.
Das Fortbewegungsmittel Nummer 1 ist ohne Zweifel das Fahrrad. Tatsächlich ein Muss. Meine Vorabüberlegungen, nur tageweise ein Rad zu mieten ... man braucht es jeden Tag. Egal, um an den Strand zu kommen, oder um sich im Supermarkt mit Wasser einzudecken. Wobei Fahrrad ein dehnbarer Begriff ist. Während die Einheimischen auf ihren E-Bikes in Moped-Geschwindigkeit an einem vorbeidüsen, hatten wir augenscheinlich irgendwelche ausgeschlachteten Drahtesel.
Sattel – nicht feststellbar. Gut vielleicht lag das auch an meinem Gewicht :-)
Gangschaltung – nicht funktionstüchtig, Hebel abgebrochen, eingerastet irgendwo
Licht – wozu?
Bremsen – hin und wieder Glückssache
Fahrradständer – überflüssig
Diebstahl – keine Angst, wer würde so etwas klauen?
Trotz diverser Defizite hatten wir mit den Fahrrädern irgendwie das Gefühl, Teil des ganz besonderen Inselflairs zu sein. Man könnte sagen: Es ist weniger die Frage nach der Geschwindigkeit, sondern nach dem richtigen Maß an Humor, um sich durch den Tag zu radeln.
Die Gefahr von oben – Kokosnüsse als heimliche Killer

Bei einem Bootsausflug warnte unser Guide: „Stellt euch nicht unter Palmen mit Kokosnüssen! Die können herunterfallen!“ Allgemeines Gelächter in der Gruppe.
Ein paar Tage später hatten wir einen der wenigen Schattenplätze am Strand ergattert. Während ich unsere Handtücher kunstvoll ausbreitete, deutete mein Mann nach oben in die Palme. Ich rollte mit den Augen. „Jaja, schon klar“, murmelte ich und zog die Handtücher genervt ein paar Meter weiter. Raus aus der Gefahrenzone.
Und plötzlich: Rumms! Mein Herz blieb für einen Moment stehen, mein Verstand machte einen Moment Pause. Den lauten Knall konnte ich im ersten Augenblick nicht einordnen. Bis ich die kiloschwere Kokosnuss im Sand liegen sah. Genau an der Stelle, wo ich mich eben noch friedlich niederlassen wollte. Schlagartig wurde mir klar, dass mein Mann mir den Kopf gerettet hatte. Wortwörtlich. Eine scheinbar banale Warnung, und doch hätte sie in diesem Moment den Unterschied gemacht.
Auch hier sind es mal wieder die Kleinigkeiten im Leben, die einen retten können.
Strände und Schnorcheln
Die Strände. Ein Traum und gleichzeitig Workout. Berg rauf, Berg runter. Wer braucht schon ein Fitnessstudio, wenn man sich den Weg zu den schönsten Stränden der Welt selbst mit dem Rad erkämpfen kann?
Ich hätte nie gedacht, dass diese atemberaubenden Strände auch ein paar Nachteile beherbergen.
Schatten – eher Seltenheitswert
Liegestühle – nicht vorhanden. Ab und zu welche an einer Strandbar.
Einstieg ins Wasser – oft sehr steinig und holprig
Wellen – wenn vorhanden, dann gigantisch
Obwohl die Strände ihre Tücken haben, bleibt eines unbestritten. Die Mühen zu jedem dieser kleinen Paradiese haben sich auf jeden Fall gelohnt.
Bei einem Bootsausflug sind wir um die traumhafte Insel Praslin geschippert. Natur pur. Die Palmen und Pflanzen in einem Dickicht aus sattem Grün. Das Wasser in einem Farbenspiel sämtlicher Blauanteile, die man nicht wirklich beschreiben kann und die Fische in brillant leuchtenden Farben, wie sie kein Malkasten hergeben würde.
Ja, hier ist der ideale Ort, um einen Film wie „Verschollen“ zu drehen. Wir mussten hier natürlich nicht ums nackte Überleben kämpfen, sondern sind nur geschnorchelt. Für mich eine Prämiere. Selbstverständlich kannte ich die schicken Brillen mit dem kleinen Stöckchen an der Seite, über das man Luft bekommt. Durch den Mund. Logisch. Beratungsresistent habe ich am Anfang immer wieder versucht, durch die Nase Luft zu holen ... irgendwann hatte auch ich es kapiert.
Vom anfänglichen Wirrwarr mit der Schnorchelbrille bis hin zum Staunen über die leuchtende Unterwasserwelt hat mir dieser Ausflug gezeigt, dass Abenteuer oft in den einfachsten Dingen stecken können.
Schildkröten
Die Seychellen wären nicht die Seychellen ohne ihre wohl berühmtesten Einwohner: Riesenschildkröten. Sie sind quasi die Ureinwohner der Inseln, die heimlichen Herrscher über Sand und Felsen.

Haustiere in XXL mit fragwürdigen Geräuschen
Während wir in Deutschland eher Hunde und Katzen halten, sind es auf den Seychellen eben Riesenschildkröten. In unserem Hotel auf Mahé lebten einige dieser beeindruckenden Tiere im Garten, allerdings eingezäunt. Vielleicht, um zu verhindern, dass sie nachts in die Zimmer spazieren? Denn die Geräusche der männlichen Schildkröten erinnerten verdächtig an menschliche Schlafzimmergeräusche. Wer also dachte, er wird von sanftem Meeresrauschen geweckt, hatte noch nie mit einer flirtlustigen Riesenschildkröte das Vergnügen.
Mein nächstes Treffen mit diesen faszinierenden Wesen fand auf einer kleineren Insel statt, wo eine Auffangstation verschiedenste Altersklassen beherbergte. Die winzigen Babyschildkröten, kaum größer als eine Handfläche, krochen unbeholfen über den Boden, während die Alten, wahre Schildkröten-Methusalems, in aller Ruhe an riesigen Salatblättern knabberten. Es war ein skurriles Bild: Die Kleinen hektisch, als hätten sie eine Deadline, die Alten tiefenentspannt, als würde die Welt auch morgen noch existieren. Eine Lektion in Sachen Gelassenheit.
Mittagessen mit Überraschungsgast
Auf dieser kleinen Insel haben wir die Schildkröten auch hautnah erlebt, im wahrsten Sinne des Wortes. Während wir gemütlich beim Essen saßen, erklomm eine Riesenschildkröte die fünf Stufen zur Terrasse. Langsam, bedächtig, aber mit einer Entschlossenheit, die einem Alpinisten Ehre gemacht hätte. Wir waren gleichermaßen beeindruckt und irritiert. Sollte das jetzt unser Tischgast sein?
Die Betreuerin blieb entspannt und lachte. „Das passiert manchmal.“ Dann lenkte sie die hungrige Dame mit ein paar Salatblättern wieder nach unten.

Die Schildkröte und ich. Seelenverwandte?
Wir passen eigentlich gut zusammen, denn sie sind, genau wie ich, Allesfresser.
Naja, während ich lieber zwischen Pizza und Chips wähle, ist für sie wirklich alles „njam njam“. Auch Dinge, die absolut nicht für den Verzehr gedacht sind. Sie sehen keinen Unterschied, ob es sich um Salat, Finger oder Kleidung handelt, sie knabbern einfach weiter, bis nichts mehr da ist.
Vielleicht ist das Wetter deswegen immer so schön dort, weil die Teller leer gegessen wurden?
So verwandt sind wir dann doch nicht. Ich muss nicht alles, was sich bewegt, als Snack verzehren.
Die Weisheit der Schildkröten
Doch bei all der Komik steckt in diesen urzeitlichen Tieren auch eine tiefere Bedeutung. Sie sind der Inbegriff von Geduld und Gelassenheit. Während wir rastlos von einem Termin zum nächsten hetzen, bewegt sich die Schildkröte in ihrem eigenen Tempo. Und kommt trotzdem an. Sie erinnert uns daran, dass nicht Geschwindigkeit zählt, sondern Beharrlichkeit. Wie wichtig und wertvoll es ist, sich die Zeit zu nehmen und in Ruhe voranzukommen. Dass der Weg genauso wichtig ist wie das Ziel. Und dass es vollkommen okay ist, sich hin und wieder einfach in seinen Panzer zurückzuziehen, wenn die Welt mal wieder zu laut wird.
Unsere Reise endete auf Mahé und wie immer, ist der Urlaub viel zu schnell vergangen. Wir saßen am Flughafen. Gefühlt in die verkehrte Richtung.
Nein, natürlich habe ich mich auch wieder auf zu Hause gefreut. Vor dem Abflug, noch in kurzer Hose, Flip-Flop und Sonnenhut war ein guter Moment, um das Urlaubsfeeling der letzten Wochen Revue passieren zu lassen.

In diesem Urlaub durfte ich auch wieder meinen Geburtstag feiern. Er war definitiv anders als zu Hause. Statt dem gewohnten Chaos und der unzähligen Telefonate, erhielt ich bereits zum Frühstück ein Ständchen von unseren Freunden. Es war ein Moment voller Freude, aber dennoch konnte ich die Tränen nicht ganz zurückhalten. An diesem besonderen Tag war der Schmerz des Vermissens besonders stark, und ich musste an unsere Kinder und meine Eltern denken. Auch wenn meine Mama schon vor einigen Jahren verstorben ist, ist ihr Fehlen an diesem Tag immer noch besonders spürbar.
Was nehme ich für mich persönlich aus diesem Urlaub mit?
Das Paradies, von dem ich immer geträumt hatte, war nicht perfekt. Es war unvollkommen, chaotisch und doch wunderschön. Genau wie das Leben selbst. Aber trotzdem, in diesem Moment, wusste ich, dass ich im Paradies angekommen war und das war genug.
Vielleicht haben die Seychellen nicht nur wunderschöne Strände und türkisblaues Wasser zu bieten, sondern auch eine der wertvollsten Lebenslektionen: Manchmal ist es völlig in Ordnung, einfach langsam zu machen, solange man weiß, wohin man will.
Vielleicht habe ich von den Schildkröten auch noch etwas gelernt.
Diese Tiere haben eine Lebenszeit, die unsere eigene bei Weitem übersteigt. Sie wirken, als hätten sie alle Zeit der Welt - weil sie sie tatsächlich haben. Und vielleicht liegt genau darin ihr Geheimnis: Nicht zu hetzen, sondern zu leben. Ganz gemächlich, aber mit Genuss.
Einfachheit, war eines der ersten Worte, die mir hier durch den Kopf geschossen sind. Natürlich leben die Menschen auf diesen Inseln unter anderen Bedingungen, und es liegt mir fern, irgendwelche Vergleiche zu ziehen.
Aber Einfachheit versteckt sich oft in den kleinen Dingen. In Momenten, die wie Muscheln am Strand liegen. Unscheinbar, doch voller Schönheit, wenn man nur hinschaut. Ein Blick auf die Natur, die ganz ohne großen Lärm einfach da ist. Oder die Vorfreude auf ein hartgekochtes Ei beim nächsten Frühstück. Einfach, aber auch eine kleine Kostbarkeit.
Vielleicht wird das Leben wirklich leichter, wenn wir ab und zu den Sand aus unseren Taschen schütteln und uns von unnötigem Ballast trennen. Sei es im Kopf von Erwartungen, oder, ganz pragmatisch im Keller von alten Sachen.
Und wer weiß, vielleicht brauchen wir gar keine großen Pläne, um Dinge einfacher zu machen. Manchmal reicht schon ein kleines Lächeln. Es ist wie ein Sonnenstrahl, der durch eine Wolkenlücke fällt. Unscheinbar, aber plötzlich wird alles ein bisschen heller und einfacher.
Probiere es doch gleich mal aus. Lächele. Einfach so.
Und so, wie wir wieder nach Hause geflogen sind, fliegt oder fließt auch das Leben schon wieder weiter. Einfach so.
Denn vielleicht ist der wahre Luxus nicht, an einem Strand mit Palmen zu liegen, sondern die Momente im Leben in ihrer Einfachheit zu genießen.

Schreibe mir gerne unten in die Kommentare oder eine Mail, wo du so einen Paradies-Ort für dich gefunden hast. Natürlich darfst du den Artikel auch teilen, falls du jemanden kennst, der dringend ein bisschen Sonne braucht.
Melde dich auch gleich zu meinem Newsletter an, damit du keine Neuigkeiten verpasst.
Auf dem Button gelangst du direkt zu meiner Homepage und kannst dich dort weiter umschauen.





















Kommentare