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Angebotstag

 

Es ist kurz vor acht und ich liege gut in der Zeit. Nur noch schnell das Leergut ins Auto schmeißen und den Kleinen anschnallen. Es sind lediglich zehn Meter vom Haus bis zur Garage, die ausreichen, um die Hosen dermaßen vollzuballern, dass man freiwillig kehrt macht um nicht während der Fahrt an einer Gasvergiftung zu verenden.

Kurz nach acht sitze ich leicht genervt mit einem zufriedenen Kind im Auto und fahre zum wöchentlichen Einkaufsmarathon. Mit einem Stoßgebet, dass der Zettel irgendwo in der Tasche vergraben ist, erreiche ich den bereits überfüllten Discounter-Parkplatz. Hier und da gibt es noch eine Parklücke, aber nur aus dem Grund, da sich keiner auf einen halben Platz hineinquetschen kann.

In Gedanken gehe ich nochmals die Angebotsartikel durch, die ich heute unbedingt erstehen möchte:

  • Kinderschuhe Größe 18

  • Kinderregenjacke und -hose Größe 80

  • Jungensocken in blau, Größe 18

 

Ich stürme hinein, vorbei an Brot und Bananen, die ich zwar noch brauche, aber jetzt keine Zeit habe, denn ich bereite mich auf den drohenden Nahkampf vor. Zu meiner Überraschung halten sich nur vereinzelte Mütter vor den Metallkörben auf. Ich steuere direkt zu den Schuhen und suche verzweifelt Größe 18. Größe 20 und 22 gibt es im Überfluss, aber nicht Größe 18.

„Nicht aufgeben“, denke ich und suche nach der Regenkleidung. Ich entdecke den Aushängezettel und hechte hinüber. Enttäuscht stehe ich vor einem leeren Rollcontainer.

Gut, dann wenigstens die Socken. Ein riesiger Berg Socken tut sich vor mir auf. Alle in zartem Rosa und mit Lilifee bestickt. Eine Mitstreiterin hat sich bereits nach unten durchgewühlt und zieht blaue Socken heraus. Neidisch schiele ich hinüber um einen Blick auf die Größe zu erhaschen. Als sie mein Augenspiel bemerkt wendet sie sich abrupt ab und hält die Trophäe krampfhaft fest, gerade so als würde ich sie ihr aus der Hand reißen wollen. Eine andere Mutter hingegen ist überglücklich, dass sie noch Lilifee-Socken bekommen hat. Na ganz toll.

Energisch wühle ich den Haufen nochmals durch und finde nur Größe 24 in dunkelblau. Egal, irgendwann wird er die schon brauchen und ich schmeiße sie frustriert in meinen Einkaufswagen. Insgeheim schwöre ich mir, ich fahre nie mehr zum Discounter wegen der Angebote. Jede Woche muss ich mich ärgern.

 

Selbstverständlich hat sich an der einzigen geöffneten Kasse eine Schlange gebildet, in die ich mich grimmig einreihe. Während ich meine Habseligkeiten auf das Band lege kommen hinter mir zwei Mütter mit fast leeren Wägen angeschoben. Ihr Gesichtsausdrück verrät nichts Gutes und ehe ich mich versehe poltert die junge Mutter in dem gelben T-Shirt los: „Es ist doch wirklich jede Woche das Selbe.“

Ich verstehe natürlich sofort was sie meint.

„Man sollte ihnen mal sagen, was sie für ein bescheidener Laden sind“, legt die andere mit den widerspenstigen Haaren nach.

Genau das wollte ich auch schon immer machen, schmunzle ich für mich.

„Dann können sie sich ihr Zeug an den Hut stecken.“, ergänzt sie energisch.

Ha - ich bin also nicht die Einzige die so denkt.

Bevor ich dem Gespräch weiter lauschen konnte, werden meine Sachen bereits über den Scanner gezogen bis es piepst. Die Dame an der Kasse reißt mir die Bananen wieder aus der Hand und die Waage piepst erneut. Bestimmt haut sie mit dem Zeigefinger auf eine große Taste und wieder piepst es.

„Scheiße“, entfährt es Frau Özdemir und durch resolutes Drücken der Taste ertönt der Dauerpiepton, der die Kollegin mit dem Schlüssel ins Spiel bringt. Schlüssel rein, umdrehen, anderen Knopf drücken und das Ding wieder rausziehen. Es piepst wieder, aber diesmal erscheint eine Summe im Display. Mein Sohn findet das lustig und steht kurz vor einer Schreiattacke als der grauenhafte Alarm nicht mehr ertönt.

Um die Nerven aller Anwesenden nicht weiter zu strapazieren, krame ich nicht nach Kleingeld, sondern reiche der Kassiererin einen Schein, der mir so viel Kleingeld beschert, dass der Geldbeutel fast überquillt.

Mit einem lieblosen „Schönen Tag noch“, werden wir wie immer verabschiedet.

 

Im Hinausgehen nehme ich mir den neuen Angebotsprospekt und blättere ihn kurz durch. Wieder gibt es ein paar Sachen die wir brauchen könnten und die nächste Woche sicher wieder auf meinem Zettel stehen werden.

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